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Über APS-C, Vollformat und Mittelformat…

In letzter Zeit werde ich häufig auf das Format des Sensors in Digitalkameras angesprochen. Dies kommt sicher daher, dass mit der an der Photokina vorgestellten Fujifilm GFX50s eine Mittelformatkamera auf den Markt kommt, die „bezahlbar“ ist. Jeder Gesprächspartner hat bereits etwas darüber gehört oder gelesen. Meistens ist bereits eine Sympathie zu einer Kamera vorhanden. Manchmal habe ich auch ein wenig den Eindruck, nur die Vorteile der eigenen Kamera zählen… 🙂

Nun möchte ich in diesen paar Zeilen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme aufzeigen.

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APS-C ist die kleinste Sensorgrösse, welche ich im Moment bei der Fujifilm X-Pro 2 verwende. Der kleine Sensor hat den Vorteil, dass eine sehr leichte und kleine Kamera darum gebaut werden kann. Die Brennweiten der Objektive werden bei diesen Kameras x1.5 gerechnet um den Wert in Kleinbild zu erhalten. Dies heisst ein 56mm Objektiv ist auf der Fuji X-Pro 2 ein 84mm Objektiv. So sind auch die Objektive bei APS-C Kameras kleiner konstruiert. Kameras mit dieser Sensorgrösse haben einen grösseren Schärfentiefenbereich als Vollformat und Mittelformatkameras. Dies kann nun ein Vor- oder ein Nachteil sein. Bei Landschaftsaufnahmen finde ich es interessant mit einer „guten“ Blende 8 oder 10 ein Bild aufnehmen zu können, welches von vorne bis hinten scharf ist. Bei Porträts möchte ich je nach dem ein Detail oder eine Person freistellen können. Sowas kann ich dann bei einer APS-C Kamera weniger gut machen als bei einer Vollformat- oder Mittelformatkamera.
Die qualitative Grenze von Aufnahmen liegt häufig nicht beim Sensor der Kamera, sondern an der Zeilenauflösung der Objektive. Eine Kamera mit einem kleinen Sensor hat eine grössere Pixeldichte. Die Pixel werden näher aufeinander angeordnet. Die Objektive müsse also eine bessere Zeilenauflösung bieten, als Objektive bei grösseren Sensoren. Dies ist dann eine schwäche von kleinen Bildsensoren. Solange es nicht besser auflösende Objektive gibt, macht es keinen Sinn noch mehr Pixel auf einem kleinen Sensor zu platzieren. Aus meiner Sicht ist im Moment bei APS-C bei 24 Megapixel Schluss.
Das klassische Kleinbildformat oder eben auch Vollformat genannt bietet mit 24x36mm bereits eine grössere Sensorfläche an. Die Objektive kommen daher erst bei höheren Auflösungen mit der Zeilenauflösung an ihre Grenzen. Hier ist meiner Meinung nach die sinnvolle Pixelgrenze bei 42 Megapixel erreicht. Persönlich habe ich lange Zeit mit Nikon Spiegelreflexkameras fotografiert und war mit der Qualität der D810 und dem 36 Megapixel Sensor und guten Objektive immer sehr zufrieden. Ein grösserer Sensor heisst im Normalfall auch, dass eine Kamera weniger Bildrauschen bei höheren ISO erzeugt. Dies ist natürlich richtig, ausser es werden dann 50 Megapixel auf einen Sensor gedrückt. Ein weiterer Vorteil dieser Kameras ist aber auch die grosse und flexible Auswahl an Objektiven die auf dem Markt erhältlich sind. Wie oben erwähnt ist die Schärfentiefe dieser Kameras bereits geringer. Ein Nachteil ist, dass die beiden grossen Hersteller von Kameras immer noch auf klassische Spiegelreflexkameras setzten. Diese haben zwar einen optischen Sucher, sind durch das Spiegelsystem aber schwer und gross. Besonders merkt man das grosse Auflagemass bei Ultra-Weitwinkel Objektiven, welche dann eine grosse gewölbte Linse vorne haben und immer die nervigen Spezialfilterhalter brauchen. Den aus meiner Sicht guten Weg ist hier Sony gegangen, mit dem E-Mount Anschluss wurde das Auflagemass früh den Systemkameras ohne Spiegel angepasst. Die Objektive können dadurch kompakter und leichter gebaut werden. Ich will damit nicht sagen, dass die E-Mount Vollformat-Kameras keine schwächen haben.
Nun kommt was Neues auf den Markt. Eine „Mittelformat-Kamera von Fuji, welche sich in einem bezahlbaren Rahmen hält. Eine Mittelformat Kamera war für mich eigentlich immer 4,5x6cm, 6x6cm, 6x7cm oder 6x9cm Filmformat, daher würde ich die neue Fujifilm mit ihrer Sensorgrösse von 3,29×4.38cm als Mittelformat mit Anführungszeichen betiteln. Ich gebe zu! Mich interessiert dieser grosse Sensor sehr. Höhere Auflösung bei weniger Pixeldichte und guten Objektive. Das tönt gut! Die letzten zwei Wochen war ich mit der Leica S007 ein paar Mal unterwegs in der Landschaft. Ich wollte wissen, wie sich das Fotografieren mit diesem Format anfühlt. Die Leica S hat einen 36 Megapixel Bildsensor in fast der gleichen Grösse wie die neue GFX50s. Auf der Kamera hatte ich das 24mm mit dem Negativ-Crop-Faktor auf Kleinbild gerechnet ein 18mm. (Das Objektiv ist übrigen schlicht der Hammer!) Die Bilder mit dieser Sensorgrösse sind Qualitativ super, die Detailzeichnung ist um einiges besser als bei einer APS-C Kamera. Auch der Dynamik-Umfang ist sehr gut. Leica gibt für dieses Modell einen Wert von bis zu 15 Blendenstufen an. Diese Reserven konnte man beim Entwickeln der Bilder gut feststellen. Nun hat aber auch „Mittelformat“ seine Schwächen. Die Schärfentiefe ist eben noch mal geringer als bei Vollformat und gerade in der Landschaftsfotografie reicht diese Schärfenebene nicht, um den Vordergrund und den Hintergrund bei einer guten Blende scharf zu bekommen. So müssen Bilder aus einer tiefen Perspektive häufig im Photoshop aus zwei Bildern zusammengesetzt werden. Wie vorher schon erwähnt, bei anderen Anwendungen kann es ein Vorteil sein. Die Leica ist ein brutal schweres Arbeitsgerät, so eine Kamera würde ich nie für Landschaftsaufnahmen mitschleppen. Die GFX50s ist aber viel kleiner und leichter, was dieses Modell dann schon wieder attraktiv macht. Ein weiteres Thema bei Mittelformat ist die Objektivpalette. Die Objektivauswahl ist sehr begrenzt. Wer mit grösseren Teleobjektive arbeiten möchte, ist bei dieser Art Kamera komplett falsch. Die Objektive gehen meistens bis Brennweiten um die 100-150mm Kleinbild gerechnet. Dies macht die Kamera für einige Bereiche unbrauchbar. Zu einer solchen Kamera muss also je nach dem noch eine APS-C oder Vollformatkamera mitgeführt werden.
Wer mit einer Mittelformatkamera arbeiten will, muss auch wissen, dass diese weniger Fehler verzeiht als eine APS-C- oder Vollformatkamera. Es mag weder ein schlechtes Stativ, eine zu lange Verschlusszeit oder einen Fehler bei scharfstellen leiden und das Bild ist komplett schlecht.

Über die Kosten der verschiedenen Systeme möchte ich hier nicht sprechen, die werden ja meist wenn man über Format liest als sogenanntes „Todkriterium“ ins Feld geführt. Ich möchte bei diesem Beitrag mehr über den Nutzen und die Möglichkeiten der Kameras erzählen. Darum fliesst das liebe Geld nicht in die Bewertung ein.

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APS-C

+ kleinere und leichtere Kameras
+ kompakte Objektive
+ verzeihen den ein oder anderen kleinen Fehler beim Fotografieren
+ eine grosse Auswahl an verschiedenen Objektiven für alle Anwendungen
+ wird von vielen Herstellern angeboten
+ viele Möglichkeiten für Fotozubehör

-/+ grössere Schärfenebene

– Kleinere Bildauflösung
– grössere Pixeldichte
– meistens höheres Bildrauschen
– geringerer Dynamikumfang
Vollformat

+ eine grosse Auswahl an verschiedenen Objektiven
+ Eine hohe Bildqualität
+ wird von vielen Herstellern angeboten
+ höherer Dynamikumfang möglich
+ besseres Bildrauschverhältnis im Vergleich zu APS-C
+ geringere Pixeldichte
+ viele Möglichkeiten für Fotozubehör

-/+ eine geringere Schärfenebene als bei APS-C / eine grössere Schärfenebene als bei Mittelformat
-/+ verzeihen weniger Fehler als APS-C / verzeihen mehr Fehler als Mittelformat

– die Kameras sind gross und schwer (es gibt Ausnahmen von einigen Herstellern)
„Mittelformat“

+ hohe Bildqualität
+ geringere Pixeldichte
+ höhere Auflösungen möglich
+ höherer Dynamikumfang möglich
+ meist qualitativ sehr gute Objektive

-/+  eine geringere Schärfenebene

– Keine Möglichkeit für grössere Teleobjektive
– Nur eine kleine Palette an Objektiven
– Je nach Modell grösser und schwerer
– Verzeiht keine Fehler
– langsame Kameras
– wenig Möglichkeiten für Fotozubehör. Kaum Drittanbieter

Dieser Artikel ist ganz nach meinem Empfinden geschrieben und wurde durch keine Hersteller gesponsert. Ich habe hier lediglich meine Meinung über die verschiedenen Punke dargelegt.
Ich hoffe es hilft euch vielleicht für eure Anwendung die passende Sensorgrösse zu finden.

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Bild mit der Leica S 007 Mittelformat
©Patrik Oberlin 2021